Weinleidenschaft #7 - Der Geschmack des Weines
August 2024
Nachdem wir mit dem Auge einen ersten Eindruck vom Wein erhalten haben, und unsere Nase ein Versprechen erhalten hat, geht es nun ums Schmecken. Dazu nehmen wir einen guten Schluck, mit dem wir den Mund ordentlich spülen können. Wenn ich mit Profis verkoste, wird etwas Luft durch den Wein gesaugt und ordentlich gekaut oder geschmatzt. Das hat nichts mit schlechten Manieren zu tun, sondern wir transportieren die Aromen vor dem Schlucken in den Nasenraum. Denn nur dort können wir die Aromen in ihrer ganzen Fülle wahrnehmen. In feiner Gesellschaft oder im Restaurant genügt dezentes Kauen, um dabei etwas von den Aromen in die Nase gelangen zu lassen. Wie Sie auf dem zweiten Bild sehen können, schmeckt man auf der Zunge selbst "nur" süß, sauer, salzig und bitter.
Wenn der Wein auf der Zunge gelandet ist, machen wir uns einen ersten Eindruck. Angenehm oder eher nicht? Dann werden wir besonders beim Sekt direkt die Kohlensäure wahrnehmen. Perlend, prickelnd oder schäumend? Und schon liegt der Wein auf der vorderen Zungenspitze und wir schmecken auf die Intensität der Süße. Also ob der Wein eher trocken oder eher restsüß ist. Direkt dannach spüren wir die Intensität der Säure. Ist der Wein flach, frisch und lebhaft oder schon säurebetont? Achten Sie ganz besonders beim Riesling, der meistens etwas mehr Säure und Süße mitbringt, wie die Säure-Süße-Fruchtkobolde auf der Zunge zwischen Ihrer Zungenspitze und dem Zungenrand hin und her tanzen.
Am vorderen Zungenrand schmecken wir salzig. In der Weinwelt überholt die Salzigkeit gerade Mineralität beim Wettrennen um die besten Gaumen. Ich halte das aber für völlig überzogen. Wein hat nicht mehr Mineralstoffe wie Mineralwasser. Mineralität ist wohl schmeckbar, aber ob sie salzig schmeckt ist unklar. Mehr dazu aber in meinem Beitrag zum großen Mythos "Terroir".
Viel wichtiger, besonders natürlich beim Rotwein, ist das Schmecken der Gerbstoffe am hinteren Bereich der Zunge, wo wir bitter wahrnehmen können. Zum einen achten wir dabei auf die Intensität der Gerbstoffe bzw. Tannine, aber auch auf deren Qualität. Also sind sie eher fein und gut eingebunden, geben sie dem Wein Struktur, oder sind sie einfach nur spröde oder adstringierend?
Wir schmecken auch den Alkohol und den Körper, also seine ganze Dichte. Schlechte Weine sind dünn, Trinkweine sind rund und hochwertige Weine körperreich und dicht.
Zum Schluss machen wir uns einen Gesamteindruck des Weines. Ist er harmonisch oder vielleicht zu sauer, zu süß, zu bitter oder zu alkoholreich? Ist er eher arm an Körper und Aromen oder samtig elegant oder gar kraftvoll und außergewöhnlich?
Stopp! Ganz sind wir noch nicht fertig. Die Länge des Weines im Abgang, also wie lange wir ihn noch nach dem Schlucken schmecken können, ist auch ein wichtiges Qualitätskriterium. Ist es ein kleines Weinchen und schnell verschwunden oder ein klasse Wein, der noch lange nach dem Schluck wirkt? Zeit es auszuprobieren!
Weiter geht es mit Weinleidenschaft #8 - Die Stilistik eines Weines.